Bedeutung des Rainhauses
Das Landesamt für Denkmalpflege beurteilt das Rainhaus als Baudenkmal von herausragender Bedeutung. Der Renaissancebau wurde 1586 als Fürsorgeeinrichtung von der Stadt Lindau als freistehender, weit außerhalb der Inselstadt situierter Solitärbau errichtet.
„An den Giebelseiten besitzt das Gebäude gestufte Treppengiebel (wie auch das historische Rathaus auf der Insel) und an den traufseiten mittige Zwerchhäuser. Das repräsentative äußere Erscheinungsbild ist auf weithin sichtbare Fernwirkung angelegt. Das Gebäude wird mittig an der Traufseite von einem durchlaufenden Flur mit Treppe ins Obergeschoß erschlossen. Die bauzeitliche Grundrissdisposition hat sich wohl weitgehend unverändert erhalten.“ (LfD)
Hans Furttenbach, der Onkel des bedeutenden Ulmer Architekten Joseph Furttenbach (1591 - 1667), war Baumeister des Rainhauses.
Karl Bachmann (Lindauer Museumsverein, Neujahrsblatt 35, 1995, S. 46) vermutet, das Haus sei ursprünglich im Auftrag des Rats der Stadt für genesende und gesunde Lindauer Bürger, deren Behausungen von der Pest infiziert waren (gewissermaßen als Ausweichquartier / Quarantänestation) errichtet worden. Der Name Rainhaus sei von den „rein“ Gewordenen, d.h. den Genesenen, abzuleiten.
Es gibt vermutlich nur sehr wenige Quarantänehäuser des Spätmittelalters und der beginnenden Neuzeit, die derart repräsentativ gebaut wurden. Dieter Jetter* stellt fest: „Den unzählbar vielen Leproserien (Sondersiechen-Einrichtungen für Lepra-Kranke) stehen in Europa nur wenige Pesthäuser gegenüber.“ Und weiter: „Alles zusammengenommen sind aber kaum 100 Pesthäuser bekannt, die jedoch noch wenig erforscht worden sind.“ – „Von etwa der Hälfte der heute nachweisbaren Pesthäuser kennt man ohnehin nur noch den Namen, kaum die Lage und oft keine zuverlässige Jahreszahl.“
Somit ist das Rainhaus ein europaweit äußerst seltenes Beispiel der Gesundheitshygiene in Pestzeiten; dazu ein herausragendes Denkmal patrizischer Baukultur in Lindau. Zusätzlich ist es Symbol und Denkmal des großen sozialen Engagements und der Fürsorge für Kranke und Leidende seitens Spital und Stadt Lindau.
Es ist nicht übertrieben, das Rainhaus als bedeutenden Teil der Lindauer Stadt- und Sozialgeschichte zu würdigen.
*) Dieter Jetter, Das europäische Hospital, Von der Spätantike bis 1800, DuMont, Köln