Das Rainhaus in Aeschach, eng mit dem Hospital verbunden
von Rosmarie Auer, Diplomarchivarin, Hospitalarchiv Lindau, Juli 2013
Das Rainhaus, anstoßend an die Wiesen der Kälberweide und des Schertweggen ist 1585/86 durch den Lindauer Baumeister Hans
Furttenbach als Isolierhaus erbaut. War ein gut Werk. Im Gegensatz zur Sondersiechensiedlung waren die hier einquartierten Personen nur kurzzeitig untergebracht – eben bis sie als gesund
erkannt waren. Deshalb hatte das Rainhaus keinen eigenen Grundbesitz. Wer hätte ihn denn bearbeiten sollen? Das Rainhaus wurde vom Lindauer Heilig-Geist-Spital versorgt. Der Akt L 148,2
Spitalarchiv Lindau berichtet, über das im Jahr 1586 fertiggestellte Rainhaus: Angefangen den 5. tag Monats Septembris Anno 1588 Hierinnen vermärkt vnd auff geschriben
was, wievil vnd wem man hinauss ins Todtenhauß (Rainhaus) bey disen eingefallnen Sterbenßleüffen an Pettgewannndt vnd was zur Ligerung zu disen Leüffen .... notwenndigclich ervordernnde.
Wie auch an allerley nit allein als Brot, Mehl, Unschlitt, Liecht, Wein vnd annderem aus dem Spital gegeben, geraicht vnd gehollet wirt. 1589 wird das Rainhaus ausdrücklich Totenhaus
genannt.
So werden von September 1588 bis September 1591 auch Laubsäcke, Leintücher, Kissen, Salz, Fleisch, Erbsen, Musmehl ins Rainhaus geliefert. Versorgt wurden ganze oder Teile von Familien, häufig Kinder, denen Dienstboten mitgegeben waren. Die Unterbringung war nicht unentgeltlich. Wenn Dienstboten ins Rainhaus verbracht wurden, musste der Dienstherr pro Woche 1 Gulden an das Spital bezahlen, starb die eingewiesene Person innerhalb der ersten Woche, blieb der Gulden dem Spital. Überlebte der Erkrankte, ging sein Unterhalt auf Kosten des Spitals.
In der (Pest)Epidemie 1628 wurde das Rainhaus „Pfleghaus“ genannt, immer jedoch wird es Reinhaus nie
Rainhaus
geschrieben.
Häufig diente das Reinhaus auch als Lazarett. Dann wurden im Spital „Charpien gezupft“, d.h., aus „blöder Leinwand“, total abgenutzter Leinenwäsche Verbände gerissen. Der aufgeklärte Stiftungsadministrator Georg Friedrich Kinkelin bestimmte 1808, dass im Reinhaus Personen mit ansteckenden Krankheiten oder ekelerregenden Ausschlägen versorgt werden sollten. Es ist also Isolierhaus. Die Verbindung Hospital-Rainhaus ist viel älter, als Karl Bachmann annimmt. ( Bachmann, Karl: Geschichte der ehemaligen Gemeinde Aeschach, Neujahrsblatt 35 des Museumsvereins Lindau 1995 S. 46). Dies belegt das „Hospitalische geometrische Grundbuch“ 1794 Sign. K 2, das S. 43 einen kolorierten Liegenschaftsplan mit Grundriss enthält. Laut der „Neue Stabilienbeschreibung des Hospitals“ 1805 Sign. 8,36 besitzt es das Rheinhaus, das 9 000 Gulden wert ist.
1802 überlässt die Stadt dem Spital 9 000 fl aus der aufgelösten Closmenpflege mit der Verpflichtung arme hiesige und fremde Kranke aufzunehmen (Wolfart Bd. 1,2 S.211 u. 251 f)
1808/09: Im Rainhaus, jetzt Armenbeschäftigungshaus genannt sind mehrere Gewerbetreibende untergebracht.(Spitalarchiv Lindau, Stiftungsadministrationsakten Nr. 97)
1808 stellt die Fa. J. M. Grubers Erben den Antrag hier Wolle verarbeiten zu lassen, „um den Nährstand der dortigen Individuen anzuheben“. Gruber will die benötigte Wolle besorgen. Auf Vermittlung Grubers mietet 1809 der Tuchmacher Kern* aus Tettnang zwei Stuben und vier Kammern im zweiten Stock des Rainhauses und verschafft mehreren armen Leuten Nahrung. Er mietet auch den oberen oder Aufzugboden, „auf dem er Wolle von nicht geringem Wert gelagert hat und man sich auf die Redlichkeit fremder Menschen nicht so ganz verlassen kann“. Er bezahlt dafür 30 fl Miete.
*) Gemäß Recherchen von Dr. Florian Schneider, Stadtarchiv Tettnang, handelte es sich um den Weber Joseph Renn. Der Name Kern kam vermutlich durch einen Übertragungsfehler zustande.
Der Rainhausvater, der die Aufsicht über das ganze Haus führt und seine Gesellen werden in das untere Zimmer, wo die Webstühle stehen, einquartiert.
1810 Sept. 24 wird das dem Spital gehörende Rainhaus mit Grundstücken auf der Kälberweide und im Schertweggen an Georg
Keller, Sattler von Taubenberg für 3.545 fl verkauft. (Akt 97 No. 1321 und 1631)
(Die Kälberweide ist heute mit Wohnhäusern überbaut, der Schertweggen mit Fachoberschule, Berufsschule,
Schulsportplätzen).
Nachdruck aus Neujahrsblatt 51 2013 mit freundlicher Erlaubnis des Herausgebers Historischer Vereine Lindau e.V.